Fast 60% Prozent der Gesamtfläche der Gemeinde Niedernhausen ist mit Wald bedeckt, das sind im Ganzen knapp über 2000 Hektar Wald. Davon sind ca. 1000 Hektar Gemeindewald. Wald ist bei uns allgegenwärtig, es gibt fast keinen Punkt in Niedernhausen, von dem man nicht auf Wald schaut. Viele Niedernhausenerinnen und Niedernhausener suchen den Wald regelmäßig zur Erholung auf, beziehen Brennholz aus der unmittelbaren Nachbarschaft, oder genießen Wild aus unseren Wäldern. Deutlich sichtbar ist aber leider, dass nicht nur Idylle herrscht im Niedernhausener Wald. Eine ganze Serie von Dürresommern hat seit 2018 dem Wald in vielen Teilen Deutschlands schwer zugesetzt. Kahlflächen am ehemaligen Standort von Fichten-Monokulturen bestimmen auch im Taunus das Landschaftsbild. Hintergrund der Verwüstung sind in erster Linie Wasserknappheit und durch Trockenheit begünstigter Schädlingsbefall.
Der Niedernhausener Gemeindewald ist in einer Umbruchphase. Daher beschloss die Gemeindevertretung 2021, einen „Runden Tisch Waldkonzept“ einzuberufen. „Ziel sollte es sein, innerhalb von drei Jahren Antworten auf die Herausforderungen zu finden, die im Spannungsfeld aus Klimawandel, Ökologie, Wirtschaftlichkeit und auch der Erholungsfunktion des Waldes erwachsen. Beim Runden Tisch beteiligt waren Vertreter aller Fraktionen der Gemeindevertretung und jeweils ein Vertreter des Gemeindevorstandes, von HessenForst, des Naturparks Rhein-Taunus, der Naturschutzverbände, der Jägerschaft, der Sportvereine, der Brennholzwerber sowie ein fachkundiger Bürger. Begleitet und organisiert wurde der gesamte Prozess durch die Gemeindeverwaltung“, erläutert Bürgermeister Joachim Reimann den gewählten Ansatz.
Reimann lobte die intensive Beschäftigung der Arbeitsgruppe mit dem Thema und bedankte sich bei allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern für die geleistete Arbeit und die eingebrachten Ideen und Anregungen. „Mein besonderer Dank gilt dem Beigeordneten Thomas Hiess, der in meinem Auftrag mit viel persönlichem Einsatz den Runden Tisch geleitet und seit 2021 konsequent zum Ziel geführt hat“, so der Rathauschef. Jetzt hat der Runde Tisch seinen Abschlussbericht mit Vorschlägen für ein zukünftiges Waldnutzungskonzept vorgestellt. Im Folgenden möchten wir die wichtigsten Punkte zusammenfassen.
Ausgangspunkt der Überlegungen war die so genannte „Forsteinrichtung“ von 2017, ein Planungsinstrument in der Forstwirtschaft, in dem der Zustand eines Waldgebietes aufgenommen wird („Waldinventur“), und die darin für einen bestimmten Zeitraum (meist 10 Jahre) geplanten forstwirtschaftlichen Maßnahmen festgelegt sind. Die Forsteinrichtung für den Niedernhausener Gemeindewald stellte 2017 sehr gute Bedingungen für die Waldbewirtschaftung fest.
In den folgenden Jahren machten sich die bereits beschriebenen Veränderungen im Niedernhausener Wald auf zum Teil dramatische Weise bemerkbar. Das Verständnis dessen, was ein Wald leisten soll, hat sich seither verschoben. Im Forstwirtschaftsplan der Gemeinde Niedernhausen von 2023 ist festgelegt, dass seitens der Gemeinde für den Gemeindewald in Zukunft die „Schutz- und Erholungsfunktion“ des Waldes im Vordergrund steht. Bis zur nächsten Forsteinrichtung 2027 soll die Entnahme von Holz aus dem Wald stückweise reduziert werden. Dies bedeutet, dass der Wald noch weniger als bislang schon als „Holzlieferant“, sondern noch stärker als „dienstleistendes Ökosystem“ gesehen wird, welches das Klima schützt und den Menschen als Ort der Erholung dient. Einschlag und Neupflanzung von Bäumen sollen in Zukunft mit dem Ziel erfolgen, einen altersstrukturierten und artenreichen Baumbestand mit einer hohen Klima-Resilienz zu erzielen.
Ein großes Thema im Forstwirtschaftsplan, welches auch den Runden Tisch als einen der wichtigsten Punkte beschäftigte, ist die Wiederbewaldung von Kahlflächen an Standorten ehemaliger Fichten-Monokulturen. In den Forstwirtschaftsplänen wird dabei vor allem auf so genannte Naturverjüngung gesetzt, das heißt die „Besiedelung“ von Kahlflächen durch Samen bereits vorhandener Bäume. Durch natürliche Selektion entwickelt sich hier selbstständig ein widerstandsfähiger „Zukunftswald.“ Wo dies nicht möglich ist, sollen Initialpflanzungen mit standortgerechten Baumarten erfolgen. Die Empfehlungen des Runden Tisches gehen dahin, die Eiche als „klimaangepasste Zukunftsart“ in unseren Wäldern besonders zu fördern. Auf geeigneten Standorten können zusätzlich „Edellaubhölzer“ wie Vogelkirsche, Walnuss, Linde oder verschiedene Ahornarten zum Einsatz kommen. Als weitere klimaresistente Baumarten nennt der Abschlussbericht Beispielsweise die Esskastanie sowie den als Straßenbaum bekannten Baumhasel. Diese Bäume sind aber wie die Douglasie nicht einheimisch.
Der Runde Tisch stellte fest und begrüßte, dass seitens der Gemeinde bereits zahlreiche Maßnahmen in Richtung auf ein zukunftsfähiges Waldkonzept realisiert wurden. Besonders augenfällig sind die bereits stattgefundenen Baumpflanzaktionen. Zum Teil gehen diese auf Initiative von Niedernhausener Vereinen und Privatpersonen zurück. So kamen zum Beispiel im November dieses Jahres in Engenhahn über 5000 Setzlinge in die Erde. Insgesamt sind seit 2021 über 56.000 junge Bäume neu gepflanzt worden, und für das Jahr 2024 sind bereits Mittel für weitere Neupflanzungen bereitgestellt.
Die bereits erfolgten Maßnahmen haben der Gemeinde in 2023 79.000 Euro Fördergelder für „klimagerechtes Waldmanagement“ eingebracht. Weitere förderfähige Maßnahmen sollen erfolgen. So hat die Gemeinde, weitere Waldflächen „stillgelegt“, das heißt sie werden nicht mehr forstwirtschaftlich bearbeitet. Der Runde Tisch befürwortet die Entscheidung der Gemeinde, insgesamt 13.5 Hektar Wald stillzulegen.
Der „Runde Tisch Wald“ hat nun seinen Abschlussbericht mit Empfehlungen an die Gemeindevertretung zu einem Waldkonzept für Niedernhausen vorgelegt. Das Gremium wird voraussichtlich im ersten Quartal über den Bericht beraten und entscheiden. Eine ausführlichere Zusammenfassung des Berichtes findet sich auf der Webseite der Gemeinde.