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Mitteilung der Gemeinde

Ultranet und Rhein-Main-Link: Stellungnahmen und Hinweise der Gemeinde

Im Rahmen der Planfeststellungsverfahren für die Stromtrassen-Projekte „Ultranet“ und „Rhein-Main-Link“ hat die Gemeinde Niedernhausen Stellungnahmen und Hinweise an die Vorhabenträger Amprion GmbH und die Bundesnetzagentur eingereicht. Darin wird auf spezifische lokale Gegebenheiten hingewiesen, welche die Vorhabenträger zu berücksichtigen angehalten werden. Im Folgenden haben wir die wesentlichen Punkte zusammengefasst.

 

Stellungnahme der Gemeinde Teil 1: Ultranet

Das Planfeststellungsverfahren für das Projekt „Ultranet“ soll am Ende eine endgültige Trasse festlegen – von Amprion und von der Bundesnetzagentur, die das Verfahren führt und die Genehmigung erteilen wird, wird die Mitnutzung der bestehenden 380-Kilovolt-Stromtrasse bevorzugt. Diese Trasse geht unter anderem durch die Wohngebiete im Bereich Am Fuchsbau/Am Dachsbau und durch den Schäfersberg.

Die Leitungen sollen nicht einfach an die bestehenden Masten gehängt werden, sondern einige Masten sollen hierfür erhöht werden; ein Mast im OT Oberseelbach wird komplett neu errichtet und Isolatoren werden getauscht.

In Niedernhausen sind insbesondere der Kinderspielplatz und der Bolzplatz Am Dachsbau betroffen, die direkt unter der Leitung liegen. Auch der neue Bikepark am Schäfersberg, weitere Spielplätze und auch das Waldschwimmbad liegen relativ nahe an der Stromtrasse. Hinzu kommt natürlich, dass weitere Stromtrassen anderer Unternehmen, die aber nicht Gegenstand des Ultranet-Verfahrens sind, parallel zur Ultranet-Trasse verlaufen und die Beeinträchtigung in Niedernhausen erhöhen.

Die Rechtsanwälte, die von Niedernhausen und weiteren Kommunen sowie dem Rheingau-Taunus-Kreis beauftragt wurden, weisen in der Stellungnahme zunächst darauf hin, dass die bestehende Leitung schon nicht ordentlich genehmigt wurde und damit die Rechtsgrundlage für das Verfahren problematisch ist.

Im Hinblick auf eine Komplettverlegung der Stromtrassen hat die Gemeinde Niedernhausen außerdem die Aufstellung des Bebauungsplans „Neues Niedernhausen“ in die Wege geleitet, der die Flächen unter den verlegbaren Trassen umfasst. Diese Planung kann nicht weiterverfolgt werden, wenn für Ultranet die Bestandstrasse ausgewählt wird. Deshalb werden die schon früher eingebrachten Verschwenkungsvarianten in vollem Umfang nochmals eingebracht.

In der Stellungnahme kritisiert die Gemeinde Niedernhausen insbesondere, dass das Schutzgut menschliche Gesundheit zu wenig berücksichtigt wird; teilweise würde die neue Gleichstromleitung an der Bestandstrasse in 30 m Abstand zur Wohnbebauung verlaufen. Außerdem gibt es Drehstrom- und Gleichstrom-Beseilungen an den gleichen Masten in dieser Form und Trassenlänge noch nirgendwo in Deutschland. Die Auswirkungen speziell auf die menschliche Gesundheit sind noch nicht abschließend geklärt.

Sollte die Gleichstromleitung ausfallen, plant Amprion eine „Umschaltoption“ auf Wechselstrom – dies ist im betreffenden Gesetz aber gar nicht vorgesehen. Dort ist von einer Gleichstrom-Freileitung die Rede, so dass jetzt eigentlich etwas Anderes geplant wird.

Schließlich ist die voraussichtliche Lärmbelastung durch das neue Vorhaben kritisch zu sehen: Um die Lärm-Immissionsrichtwerte einzuhalten, konstruiert Amprion bei den betroffenen Gebieten eine sogenannte „Gemengelage“, die höhere Werte erlaubt als Wohngebiete. An die geplante Trasse grenzen aber reine Wohngebiete, so dass aus Sicht der Gemeinde nicht von einer Gemengelage gesprochen werden kann. Hinzu kommt, dass die erstellten Schallgutachten im Detail schwer nachvollziehbar sind.

In der Stellungnahme der Gemeinde werden weitere Unzulänglichkeiten bei der Datenermittlung angeführt – z. B. bei den elektrischen und magnetischen Feldern und die unzureichende Darstellung der Wechselwirkung zwischen Dreh- und Gleichstromleitung am selben Mast.

Diese Stellungnahme, die zusammen mit den Kommunen Idstein, Hünstetten, Hofheim und dem Rheingau-Taunus-Kreis beauftragt wurde, ist jetzt nach erfolgter Fristverlängerung fristgerecht am 16. September eingereicht worden. Wie die Bundesnetzagentur die vorgebrachten Einwände letztlich bewertet, bleibt abzuwarten.

 

Stellungnahme der Gemeinde Teil 2: Rhein-Main-Link

Wie schon verschiedentlich berichtet, plant die Amprion GmbH gemeinsam mit der Bundesnetzagentur den Neubau einer überregionalen Gleichstrom-Trasse, diese soll den Stromtransport auf ca. 600 Kilometern Länge zwischen Bremen und Bürstadt in Südhessen sicherstellen. Die Trasse ist als Erdkabel-Projekt geplant und soll der großräumigen Erhöhung der Übertragungskapazität aus Niedersachsen in das Rhein-Main-Gebiet dienen. In unserer Gemeinde wäre vor allem der Ortsteil Oberjosbach massiv betroffen.

Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens hat die Gemeinde Niedernhausen eine Reihe von Hinweisen bei der Bundesnetzagentur eingereicht. Damit sollen spezielle lokale Gegebenheiten den planenden Stellen ins Bewusstsein gerufen werden. Es handelt sich noch nicht um eine förmliche Stellungnahme der Gemeinde als Träger öffentlicher Belange. Diese erfolgt in einem späteren Abschnitt der Planfeststellung, wenn Amprion den konkreten Trassenverlauf vorlegen wird.

Im Nachgang der Antragskonferenz am 04.09.24 und einer durch die Gemeinde durchgeführten Informationsveranstaltung in Oberjosbach ergaben sich eine Reihe von Punkten, die aus Sicht der Gemeinde für das weitere Verfahren wichtig sind. Diese sollen bei der Bundesnetzagentur eingereicht werden, wir fassen die wichtigsten Punkte im Folgenden kurz zusammen:

Einleitend ist festzustellen, dass Niedernhausen bereits durch mehrere linienhafte Infrastrukturen erheblich vorbelastet ist. Über das Gemeindegebiet verlaufen eine Bundesautobahn, die ICE-Strecke von Frankfurt nach Köln und zwei weitere regionale Bahnstrecken. In der Luft wird Niedernhausen durch eine Abflugroute des Flughafens Frankfurt/ Main überquert. Fünf Energieleitungen durchqueren bereits die Gemeinde, eine weitere (Aufrüstung der Amprion Höchstspannungstrasse „Ultranet“) ist geplant. Aufgrund dieser Vorbelastung wird das Gebiet der Gemeinde Niedernhausen als nicht geeignet für die Trasse des Rhein-Main-Links angesehen.

Die Gemeinde fordert die Amprion GmbH und die Bundesnetzagentur weiterhin auf, eine alternative Realisierung des Vorhabens als Freileitung zu prüfen. Aus einem gesetzlich verankerten Erdkabelvorrang ist nicht zwangsläufig eine Verpflichtung zur Realisierung als Erdkabel ableitbar.

Die Gemeinde weist ebenfalls kritisch darauf hin, dass der „Vorschlagskorridor“ des „Rhein-Main-Link“ in der jetzigen Entwurfslage Wasserschutzgebietszonen berührt oder durchquert. Die Gemeinde Niedernhausen deckt ihren Wasserbedarf zu 100% aus eigenen Brunnen. Es wird nachdrücklich darauf hingewiesen, dass es bei der Platzierung einer Erdkabeltrasse äußerster Vorsicht bedarf, damit diese nicht durch Eingriffe in die gewachsene Bodenstruktur Auswirkungen auf das Grundwasser sowie Entwässerung und Regenwasserbewirtschaftung hat.

Der Vorhabenträger soll nach Ansicht der Gemeinde die potentielle Zerstörung von Wald so gering wie möglich halten. Der Niedernhausener Wald ist durch Dürresommer und Insektenbefall bereits deutlich vorgeschädigt. Als wesentliches Element des Niedernhausener Ökosystems mit zahlreichen Wechselwirkungen sowie Schutz- und Wohlfahrtsfunktion ist der Wald pfleglich zu behandeln und der Waldverlust zu minimieren. Die Gemeinde fordert den Vorhabenträger insbesondere dazu auf, zu prüfen:

  • Ob bestehende Kalamitätsflächen („Kahlschläge“) in die Trassenführung mit einbezogen werden können.
  • Oder alternativ bei der Trassenfindung auf bestehende Waldwege zurückzugreifen und diese in die Trasse zu integrieren.
  • Ob eine Verschwenkungsvariante nordöstlich der Vorschlagskorridors in Frage käme, bei der die Trasse über einen bestehenden Waldweg gelegt werden könnte.  

Im nordöstlichen Teil von Oberjosbach sind schließlich Bedenken betreffend die Erholungsfunktion des Waldes sowie des Artenschutzes zu erheben. In diesem Bereich berührt der Vorschlagskorridor einen Teil der Gemeinde, der durch Erholungssuchende intensiv genutzt wird, zum Beispiel durch zahlreiche Wanderwege und das Kleingartengebiet am „Schinddriescher“. Es kommt noch hinzu, dass die Waldgebiete um Oberjosbach artenschutzrelevant und besonders schützenswert sind. Bedrohte Tierarten wie die Europäische Wildkatze (Felis silvestris) sind hier nachgewiesen.