In den letzten Tagen wurde in Niedernhausen on- und offline ein Thema diskutiert, das in sich wiederum mehrere gerade aktuelle Fragen bündelt. Am Ortsrand von Niedernhausen wurden von einer Bürgerin Gegenstände vorgefunden, fotografiert und die Fotos mit Bitte um Erklärung in den sozialen Medien gepostet. Die besagten Gegenstände waren schnell als Fallen des Modells „Krefelder Fuchsfalle“ identifiziert. Die sich entwickelnde Diskussion enthält Äußerungen und Mutmaßungen, die den Sachverhalt nicht präzise wiedergeben. Daher möchten wir im Folgenden einige Fragen zur Fallenjagd in Niedernhausen beantworten.
Was ist Fallenjagd?
Als Fallen- oder Fangjagd bezeichnet man das Fangen von Tieren mittels eines durch das Tier selbst ausgelösten Fanggerätes. Die Fallenjagd ist eine uralte Jagdmethode, die in Europa seit der Jungsteinzeit belegt ist. Heute wird bei uns vor allem so genanntes „Raubwild“ mit Fallen bejagt. Das sind im Wesentlichen Füchse, Waschbären, Steinmarder und Marderhunde. Da diese Tierarten wenig bis keine natürlichen Feinde haben, würden sie sich ohne Bejagung stark vermehren. Darunter würden die Bestände der Tiere leiden, die vom Raubwild gefressen werden, zum Beispiel am Boden brütende Vögel, Kleinsäuger oder Amphibien. Bestimmte Tierarten verursachen auch Schäden an unseren Häusern, oder beschädigen Autos (die berüchtigten „Automarder“). In manchen Fällen ist das Fangen der Tiere die einzige Möglichkeit, diese Schäden zu verhindern.
Ist Fallenjagd legal?
In Deutschland ist der Einsatz von Fallen zur Jagd erlaubt, aber sehr streng gesetzlich geregelt. Der zentrale Text dazu ist Paragraph 19 des Bundesjagdgesetzes. Darin ist geregelt, dass der Einsatz bestimmter Fanggeräte, wie z. B. Schlingen, absolut verboten ist. Weiterhin verbietet das Bundesjagdgesetz „[…] Fanggeräte, die nicht unversehrt fangen oder nicht sofort töten […]“ (§19 Abs. 1 Nr. 9). Weiterhin darf die Fallenjagd nicht in den gesetzlichen Schonzeiten ausgeübt werden. Dies sind im Wesentlichen die Zeiten, in denen Wildtiere Junge aufziehen, und in denen keine Jagd auf sie stattfindet („Brut- und Setzzeit“). In Hessen bestimmt zusätzlich das hessische Jagdgesetz, dass nur Fallen eingesetzt werden dürfen, die Tiere „unversehrt lebend“ fangen (§19 HJagdG).
(Tierfalle Modell "Krefelder Fuchsfalle". Foto: Thomas Vennekel & Georg Achten GbR)
Wer darf Fallenjagd ausüben?
Fallen stellen darf nur die Person, die in dem betreffenden Gebiet „jagdausübungsberechtigt“ ist, also in der Regel die Jagdpächterin oder der Jagdpächter sowie weitere Jägerinnen und Jäger die im entsprechenden Revier die Jagd ausüben dürfen. Sie müssen für die Fallenjagd zusätzlich zum Jagdschein einen besonderen Sachkundenachweis erwerben. Dazu ist die Teilnahme an einem besonderen Lehrgang nötig.
Dürfen Fallen überall aufgestellt werden?
Wo die Jagd ausgeübt werden darf, egal in welcher Form, ist in unserem Land ebenfalls sehr genau geregelt. Auf Grundstücken im so genannten „befriedeten Bezirk“ darf grundsätzlich nicht gejagt werden. Dazu gehören z. B. eingezäunte Gärten, innerörtliche bebaute und unbebaute Grundstücke oder Friedhöfe. In Ausnahmefällen und mit Genehmigung des Grundstückseigentümers ist die Jagd im befriedeten Bezirk möglich. Ein typischer Fall ist, wenn Waschbären oder Marder Schäden an menschlichem Eigentum verursachen und nicht durch andere Mittel (z. B. Duftstoffe) vertrieben werden können. Es ist sehr schwierig und auch gefährlich, in oder in der Nähe eines Wohngebietes mit der Schusswaffe zu jagen. Fallen sind hier die sicherste Alternative.
Auf welche Tiere wird in Niedernhausen mit Fallen gejagt und warum?
Im konkret vorliegenden Fall hat der im betreffenden Teil der Gemeinde jagdausübungsberechtigte Jäger auf Bitte eines Grundstückseigentümers eine Falle aufgestellt, um damit Waschbären zu fangen. Waschbären kommen im betreffenden Teil der Gemeinde häufig vor. Es handelt sich um eine „invasive Art“, also eine Tierart, die bei uns nicht von Natur aus vorkommt. Waschbären kommen ursprünglich in Nord- und Südamerika vor. Sie wurden Anfang des 20. Jahrhunderts in Deutschland an verschiedenen Orten ausgesetzt und haben sich seither weit verbreitet. In Niedernhausen kommt es vermehrt dazu, dass Waschbären auf der Nahrungssuche in Gärten und sogar Gebäude eindringen und Schäden verursachen. Über das Thema Waschbären hatte die Gemeinde im Mai dieses Jahres bereits berichtet: https://www.niedernhausen.de/verwaltung-politik/aktuelles/news/problembaeren-in-niedernhausen-waschbaeren-breiten-sich-bei-uns-aus/
Der betreffende Jagdpächter führt die Fallenjagd übrigens unentgeltlich aus! Die einzige Alternative für den Grundstücksbesitzer, Waschbären auf seinem Grundstück zu bekämpfen, wäre die Beauftragung einer Fachfirma zur Schädlingsbekämpfung. Diese ist unter Umständen mit beträchtlichen Kosten verbunden.
Sind die Fallen eine Gefahr für Haustiere, wie zum Beispiel Hunde und Katzen?
Rein theoretisch könnten Hunde und Katzen von entsprechender Größe in der im konkreten Fall eingesetzten Falle gefangen werden. Die jetzt diskutierte Falle ist aber abseits öffentlicher Wege aufgestellt. Der versehentliche Fang eines Haustieres ist daher unwahrscheinlich. Sollte die Falle ausgelöst werden, wird der zuständige Jäger durch eine digitale Meldeanlage sofort „alarmiert“. Ein gefangenes Haustier würde also sehr schnell wieder aus der Falle gerettet.
Steht die Fallenjagd in Niedernhausen im Zusammenhang mit Tierseuchenbekämpfung?
In diesem konkreten Fall nicht! Die einzige derzeit relevante Tierseuche ist die in Südhessen aufgetretene Afrikanische Schweinepest (ASP). Diese Krankheit befällt nur Wild- und Hausschweine. Informationen zur ASP finden Sie hier: https://www.niedernhausen.de/verwaltung-politik/aktuelles/news/afrikanische-schweinepest-in-hessen-der-neuste-stand/
Waschbären können allerdings auch Krankheiten übertragen, und zwar sowohl auf Menschen als auch auf Haustiere. Dazu gehören Staupe, Tollwut und bestimmte Darmparasiten (Spulwürmer). Dies ist ein weiteres Argument dafür, die Anzahl der Waschbären in Niedernhausen zu reduzieren!
(Titelbild: Waschbär bei der nächtlichen Nahrungssuche. Bild: Martin Heinen)